Eine kleine und andere Weihnachtgeschichte vom Dezember 1987
Als Hotelier mit Restaurant im damaligen SVG -Hotel Amberg wurde mir seitens der Familie so
indirekt
der Vowurf gemacht, das Hotel war ganzjährig ohne Ruhetag geöffnet, dass ich sogar am
Heiligen Abend 1986,
also ein Jahr vor dieser Geschichte, mir nicht ein paar Stunden Zeit für meine
Kinder genommen hatte.
Also entschloss ich mich am 24.12.1987 um 14.00 Uhr das Hotel mit Bewirtschaftung zu schließen,
zumal
die angeschlossene Tankstelle ebenfalls an
diesem Tag ab 16.00 geschlossen wurde.
Die Kinder freuten sich bereits auf einen Abend, mal ganz in vertrauter Runde auf das Christkind.
Normaler Weise konnte man auch davon ausgehen, dass die Fernfahrer, der angeschlossene Autohof
mit LKW-Parkplatz
war wie leergefegt, ebenfalls Ihre Touren auf Weihnachten abgestimmt hatten.
Ich erinnere mich, dass natürlich passend zur Weihnachtstimmung so gegen 16.00 Uhr ein richtig
kräftiger Schneefall eingesetzt hat. Was ich nicht ahnen konnte, dass noch viele Trucks unterwegs waren
und mit dem Schneesturm
grosse Probleme auf den Autobahnen bekamen. So gegen 17.00 Uhr hörte man,
die Strassen waren
zu der Zeit fast leer, den ersten Brummi auf den Autohof einfahren.
Unwillkürlich, auch nach der Macht des Unterbewusstseins, schaut man aus dem Fenster um
eventuell
ein
bekanntes Gesicht zu sehen, da ich natürlich in so einer Situation auch die
Nöte der Fernfahrer voll in
mir aufgesogen habe.
Aber ein Blick von meiner Partnerin hat mich schnell wieder in die "Weihnachtsrealität" zurückgeholt.
Ich zog es vor das Weihnachtsessen nur für die Familie vorzubereiten und wir zogen uns in die
Privaträume zurück.
So gegen 18.00 Uhr waren wir gerade beim Weihnacht-Abendessen, als es an der Hoteltür läutete.
Die erschrockenen Blicke von meiner Familie werde ich nie vergessen. Aber natürlich machte ich mich
in den Westtrackt auf den Weg, um nachzusehen, was es mit der "Erläuterung" auf sich hat.
Bei der Türe angekommen traute ich meinen Augen nicht. Ein Pulk von ca. 20 internationalen Fernfahrern
stand vor der Restauranttüre und baten um Einlass in die warme Stube. Jetzt stand ich nicht nur
mit meinem Gewissen zwischen"3 Stühlen". Die Bescherung hatte noch nicht stattgefunden und im
Hintergrund hörte ich meinen kleinen Sohn, der mir heimlich gefolgt war, wie er leise zu weinen begann.
Also entschloss ich mich in aller Höflichkeit den Truck-Drivern klar zu machen, dass ich zwar am
1. Feiertag ab 6.00 Uhr wieder geöffnet habe, jedoch heute gehört der Abend der Familie. Nur mit teilweisem Verständnis gingen die Fahrer wieder Richtung der kalten LKW's auf den Parkplatz zurück.
Natürlich habe ich versucht, bei der anschließenden Bescherung, mir meine inneren Gefühle nicht
anmerken zulassen.
So ca. 1 1/2 Stunden später nach dem die Kinder bereits mit den Geschenken
voll beschäftigt waren, habe ich die Gelegenheit schnell genutzt, trotzdem schnell auf kurzem Weg
einen Blick durch das Fenster auf den Parkplatz zu werfen. Der Schneesturm hatte an Heftigkeit
noch zugenommem, so dass man auf den ersten Blick nur schemenhaft den Parkplatz erkennen konnte.
Jedoch bei genauerem Hinsehen traute ich meinen Augen kaum.
Ich zählte so überschlagen schon an die 50 - 60 Camions.
Spätestens jetzt hatte ich dass Gefühl, da musst du einfach handeln. Schweren Schrittes ging
ich in
die Privatwohnung und eröffnete der Familie die Situation. Nachdem mich meine Partnerin kannte,
nahm Sie mir das Wort aus dem Mund und sagte: "OK - nachdem das gesamte Personal ebenfalls zu
Hause bei den Familien
verbringt, geht jetzt die ganze Familie daran einen grossen Topf mit Schnitzeln
zu
braten und einen noch
größeren Topf mit Pommes zuzubereiten und die Fernfahrer zum Heiligen Abend
alle kostenfrei einzuladen."
Da die Familie auch das ganze Jahr mit seinen Kunden gut ausgekommen ist, gab es erstaunlicher
Weise jetzt
keinen Protest mehr.Gesagt getan, ich ging auf den zugeschneiten Parkplatz und habe alle
Driver zu mir in das "Fernfahrstüberl" eingeladen. Egal aus welchem Land und welcher Konfession sie angehörten, nahmen Sie
das Angebot gerne an. Seltsamer Weise wurde aus den Fahren aus aller
Herren Länder eine richtige
tolle Gemeinschaft und man konnte die Dankbarkeit förmlich spüren.
Hat man so unterm Jahr schon mal so
"gewisse Länderzwistigkeiten" vernehmen können, so hatte man
an diesem Abend fast das Gefühl,
der Hl. Geist hätte alle Sprachbarieren und Glaubensfragen wie weg geblasen. Z.B. kein einziger Moslem
unter den Fahren beschwerte sich über das "Schweineschnitzel" .
So gegen 22.00 h habe ich dann im "Fernfahrerstüberl" den Ferseher laufen lassen, noch einige
Kisten Getränke und einen grossen Glühweintopf placiert und den Fernfahren mitgeteilt:
Alle Türen inklusive Fernfahrerduschen bleiben offen !
Sie können sich Heute selbst bedienen und die ganze Nacht im geheizten Restaurant verbringen.
Mit der Familie habe ich mich dann endlich mit grosser innerer Zufriedenheit für den Rest des Abends
wieder
in die Privaträume zurückgezogen.
Die Überraschung erlebte ich erst nächsten Morgen. Irgendwer hatte es organisiert, dass alle Teller,
Bestecke und sogar das Lokal pikobello aufgeräumt waren und im Nebenzimmer auf zwei großen Tischen
hatten die Fernfahrer als besondere Geste einen riesigen "Weihnachtsgeschenkkorb" mit Waren aus allen
Ländern aus Ihren LKW's als Gabentisch zubereitet.
Ich war überwältigt und den Tränen nah, jedoch keiner der Fernfahrer hat mir auch jemals im nachhinein
verraten
wer auf diese Idee gekommen ist.
Ich glaube es ist nur verständlich, dass ich noch Heute jedes Jahr zu Weihnachten kurz an den
schönsten
Hl. Abend erinnert werde, den man ungewollt und ungeplant
vielleicht nur einmal im Leben "genießen" durfte.
Herbert Olbrich